Der unvermeidbare Entschluss zur Entsiegelung der Flächen der Garnison begann im Januar 2004 mit dem Baufeld 01 im Norden. Wie kam es schlussendlich zu dieser Maßnahme?

Einem Erklärungsversuch unsererseits vorausgesetzt steht ein Auszug der Darstellung zur Entstehungsgeschichte der 'Konversion in Brandenburg' durch Hr. Hennen (ARGE KONVER, fokus-net).

Gesamte Darstellung als PDF. [16] ...


"Ausgangslage  
Von den insgesamt fünf Armeen der Westgruppe der sowjetischen Truppen (WGT) auf dem Gebiet der früheren DDR waren zwei in Brandenburg stationiert. Unter Hinzurechnung der Flächen der bewaffneten Organe der ehemaligen DDR wurden im Land Brandenburg rund 235.000 Hektar rein militärisch genutzt, was circa 8 Prozent der Landesfläche entsprach. Im Vergleich waren die Militärflächen Brandenburgs so groß wie das gesamte Saarland. Der Abrüstungsprozess in Brandenburg war wegen seiner Ausmaße und seiner Dynamik mit viel einschneidenderen Konsequenzen verbunden als die Demilitarisierungsmaßnahmen in den alten Bundesländern. Allein der Kreis Teltow-Fläming verfügte über mehr als 37.000 Hektar Konversionsflächen – das entsprach fast 18 Prozent der Kreisfläche. Doch auch der quantitativ am geringsten von der Abrüstung betroffene Kreis Oberspreewald-Lausitz hatte rund 1.200 Hektar an vormals militärisch genutzten Flächen. Erschwerend war in den neuen Bundesländern insgesamt der Umstand, dass die Konversion gleichzeitig mit dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruch und dem Übergang zu einer völlig neuen Gesellschaftsordnung mit neu aufzubauenden Strukturen einherging. Da in den Kommunen noch keinerlei Erfahrungen damit vorlagen, wurden häufig unkonventionelle und unbürokratisch neue Wege beschritten, um die Konversion voranzubringen. Auch auf den Landesebenen mussten zunächst Strukturen und konzeptionelle Grundlagen für die Konversion erarbeitet werden.
 
Ziele, Mittel, Träger der Konversion
Brandenburg hatte ab November 1990 einen Bevollmächtigten des Ministerpräsidenten für die Westgruppe der Streitkräfte und für den Bereich Konversion. Es erwies sich als sehr vorteilhaft, dass der Bevollmächtigte Dr. Helmut Domke kurze Entscheidungswege, direkten Zugang zum Ministerpräsidenten und unbürokratische Herangehensweisen zum Aufbau geeigneter Strukturen zur Bewältigung der Konversion nutzen konnte Roland Vogt leitete von 1990 bis 1994 seinen Arbeitsstab und wechselte 1994 als Referatsleiter „Konversion“ ins heutige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg (MWAE). Damit wurde auch die noch heute fortbestehende Zuständigkeit des MWAE für den Themenbereich Konversion begründet. Davon ausgenommen war und ist die Zuständigkeit für das WGT-Vermögen. Das dafür zuständige heutige Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg (MdFE) beauftragt seit deren Gründung im Jahr 1994 die bereits genannte Brandenburgische Boden Gesellschaft für Grundstücksverwaltung und -verwertung mbH (BBG) und auch nach deren Privatisierung mit Folgeaufträgen der Verwaltung, Entwicklung und Vermarktung der WGT-Flächen. Querschnittsaufgabe Konversion Insbesondere im Hinblick auf fördertechnisch relevante Vor- und Zwischenfinanzierungen konnten professionell zahlreiche Projekte realisiert werden, die sonst mangels erforderlicher Eigenanteile wesentlich später oder gar nicht zustande gekommen wären. Auch in Brüssel hatte man die Bedeutung der Konversionsaufgaben erkannt. Um Erfahrungen zu gewinnen, wurden die Altkreise Jüterbog und Neuruppin in die ersten, von der Europäischen Union (EU) aus dem Strukturfonds (EFRE) geförderten Projekte im Rahmen der Sondermaßnahme PERIFRA I und II 1991-1994 aufgenommen. Dadurch konnten Bestand, Dimension und Potenziale der Militäranlagen unter stadt- und regionalplanerischen Aspekten erfasst werden. Erste praktische Maßnahmen zur zivilen Nachnutzung wurden eingeleitet und auch die ersten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) auf Konversionsflächen umgesetzt. Durch die gewonnenen Erfahrungen wurde in der Europäischen Union gefolgert, dass Konversion eine Querschnittsaufgabe ist, die nicht im Rahmen anderer Strukturförderprogramme der EU, sondern nur mit eigens dafür aufgelegten Programmen langfristig zu lösen ist. Es ging damals darum, die anstehenden Konversionsaufgaben aktiv zur Überwindung gravierender Defizite in der Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik einzubinden. Im Land Brandenburg wurde die Querschnittsaufgabe Konversion präzisiert. Es ging um wirtschaftsfördernde Maßnahmen zur Schaffung, Qualifizierung und Sicherung von Arbeitsplätzen, städtebauliche Maßnahmen zur Reaktivierung von städtebaulich relevanten Brachflächen, vom Land geförderte Darlehen zur Schaffung von Wohnraum, zur Etablierung der zivilen Luftfahrt auf Konversionsflächen zum Ausbau des Luftverkehrsstandortes Brandenburg sowie um bildungspolitische Maßnahmen an Schulen und Hochschulen. Außerdem ging es um Investitionen des Landes für öffentliche Einrichtungen, um Natur- und Landschaftsschutz zur Sicherung von Naturlandschaften, um Forstwirtschaft sowie um Altlastenerkundung und -beseitigung von Boden- und Grundwasserbelastungen und Kampfmittelerkundung, -zonierung und -beseitigung. Als der damalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl im Februar 1993 die kostenlose Übernahme der vom Bund nicht mehr benötigten früheren WGT-Flächen inklusive aller Rechte und Pflichten des Eigentümers anbot, ging Brandenburg neben Sachsen und Thüringen darauf ein und übernahm von 1994 bis 1998 rund 100.000 Hektar dieser Areale. Es handelte sich dabei um 83 Kasernenkomplexe, 89 Wohngebiete, 19 Flugplätze und 45 Truppenübungs- und Schießplätze. Durch die damals bereits bekannten Restriktionen, Altlasten etc. war dies gewiss kein leichtes Erbe, versetzte Brandenburg aber erst in die Lage zur strategischen und operativen Steuerung des Konversionsprozesses im Sinne der Landesplanung. In der Frage zur Eignung von Konversionsliegenschaften für eine zivile Nachnutzung ging es zunächst um deren räumliche Einordnung. Planungsrechtlich teilten sich die ab 1994 vom Land übernommenen WGT-Flächen nach Standorten im Innenbereich, am Siedlungsrand und im Außenbereich auf. Zum Innenbereich gehören Kasernenstandorte in Stadtzentren und Innenstädten, im Land Brandenburg insgesamt anteilig einem Prozent an den Gesamtkonversionsflächen. Standorte am Siedlungsrand sind vor allem wegen des üblich großen Flächenbedarfs in der Regel nicht vollständig in die vorhandene Siedlungsstruktur integriert. Sie machen etwa 10 Prozent der Konversionsflächen in Brandenburg aus. Die Standorte im Außenbereich, überwiegend Forstflächen, nehmen im Land Brandenburg mit 89 Prozent den weitaus größten Flächenanteil an Konversionsflächen ein. Sie sind nicht an Siedlungsgebiete angebunden. Die Konversion wurde als „zentrale landespolitische Gestaltungsaufgabe (…) und vorrangiges Problem der strukturellen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Brandenburg“ definiert und die Ziele im Gesetz über die Verwertung der Liegenschaften der WGT (WGT-LVG) festgelegt."


Mit viel Enthusiasmus wurde versucht, das Gelände einer (irgendeiner) Nutzung zuzuführen. Zunächst mit der multikulturellen Eurodorfkonzeption von PCI mit der Unterbringung von sozialen Randgruppen (Asylbewerber, Volksdeutsche und soziale Randgruppen), [17] der „EUROKON“ und der „Lebenspark“ der Fa. AQUA. Es gelang der „EUROKON“, sich für kurze Zeit zu behaupten und die anfängliche Euphorie auf die dort beschäftigten Frauen und Männer zu übertragen. Eine Berliner Spedition war bereit, sich niederzulassen und das Gelände als „Betriebsstätte zur Sanierung kontaminierten Bodenmaterials“ zu nutzen. Zahlreiche Zeitungsartikel, freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch das Stadtarchiv Zehdenick, zeugen von den Bemühungen einer sinnvollen und nachhaltigen Nachnutzung der städtebaulichen Nutzungsflächen auf dem Gelände der ehemaligen Garnison. 

Eine zivile Nachnutzung der Liegenschaft wurde am 06.03.1992 in einem Schreiben an die Oberfinanzdirektion Cottbus sowohl von Seiten des Umweltamtes als auch von Seiten des Amtes für Wirtschaftsförderung als sehr problematisch eingeschätzt. Erstmals wurde über eine Renaturierung und Aufforstung nachgedacht. Wobei die Finanzierung dieser Maßnahmen völlig unklar war. [17] Auch eine öffentlich angesetzte Ausschreibung am 28.06.1992 über alle Teile der Liegenschaft inklusive des Ausbildungszentrums (ugs. TÜP) brachte nicht den erhofften Erfolg. Zwar lag seitens der Fa. PCI Ökommerz ein Kaufangebot vor, jedoch waren die unbebauten Flächen des Ausbildungszentrums (Schieß- und Truppenübungsplatzes) wie vor 1945 als Naturschutzgebiet unter Schutz gestellt worden und daher aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes nicht nutzbar. Das Land Brandenburg hatte hier seine Vorrangstellung zur Erfüllung von Naturschutzaufgaben genutzt. Hinzu kam, dass ein Raumordnungsverfahren fehlte und starke Randeffekte auf die Stadt Zehdenick in Fragen der Siedlungsentwicklung zu befürchten waren. [17]
Durch das "Amt Gemeinde Zehdenick" erging am 14.07.1999 der Auftrag, betreut durch die Fa. E. Basler+Partner GmbH, zum "Wettbewerb zur Ideenfindung für die Entwicklung und Nachnutzung des ehemaligen WGT-TÜP und Kaserne Vogelsang". Hierbei waren besonders die Projekte der EUROKON GmbH und AQUA GmbH angesprochen. [22]

Eine Chronologie der Nachnutzungsideen:

- EUROKON, Projekt "Künstlerdorf" (1992)

- 'Berliner Spedition' Projekt "Betriebsstätte zur Sanierung von konterminiertem Bodenmaterials" (1993)

- Fa. Ökomerz GmbH, Projekt "Eurodorf" (Ende 1994)

- AQUA GmbH, Projekt "Lebenspark" (1995)

- Ideenwettbewerb Nachnutzung (1999)

Eine vorteilhafte und zugleich unabdingbare Eigenschaft (DEZENTRAL) von Militärobjekten sorgte u. a. für das endgültige Scheitern aller Ideen. Hinzu kam, dass das Gelände einfach zu groß war, um eine Gesamtnutzung zu erreichen. Für Investoren und Nutzer ein unüberwindbares Hindernis. Als letzte Konsequenz blieb nur die Konversion.


Es begann ein neues Kapitel: „die Renaturierung“.

Ende des Jahres 2003 wurde das Gelände zum „Kompensationsprojekt, Ersatzmaßnahme für Flächenversiegelung in Verbindung mit dem 6-spurigen Ausbau der A24/A10 AD Schwanebeck, AD Havelland und AS Neuruppin“. [18] Der Standort wurde ab 2003 in vier Bauabschnitte (BA) unterteilt und eine Rückbauphase von ca. vier Jahren prognostiziert, die später bis 2011 verlängert wurde. Ziel dieser Maßnahme war der Abriss und die Renaturierung, begleitet durch die BBG, der Unteren Naturschutzbehörde und der Unteren Abfallwirtschafts- und Bodenschutzbehörde. Parallel dazu sollten verschiedene Tierschutzmaßnahmen integriert werden (Nistkästen, Fledermausquartiere etc.). Derzeit laufen Entsiegelungsmaßnahmen als Ausgleichsmaßnahmen für den 3-spurigen Ausbau des nördlichen Abschnittes der A10. Während erste Abrissmaßnahmen in den Baufeldern I und II noch durch ABM Kräfte unterstützt wurden und im BF III 12 Häuser mit großer Sorgfalt zum Zwecke der Gewinnung von Handstrichziegeln abgerissen wurden, erfolgte in den nachfolgenden Bauabschnitten wieder die konventionellen Maßnahmen. [19, 20]
Am aktuellen Stand der Rückbaumaßnahmen wird deutlich, dass die Rückbauphase heute nicht da ist, wo sie laut Plan hätte sein sollen. Es sei den Planern verziehen. Ein Grund für den Verzug (schon der 1. BA wurde in der Rückbauphase geteilt, gleiches gilt für BA III und IV), könnte zum einen das unerwartet hohe Aufkommen an Fundmunition und die starke Kontamination mit Schwerölen und Kraftstoffen gewesen sein, wodurch es absehbar war, dass das anfallende Recyclinggut die bereitgestellten Mittel übertreffen würde. Die gebotenen Möglichkeiten, Hausmüll gegen Gebühr (10,-DM je m³) auf eine der drei Müllkippen des Kreises zu entsorgen, wurde durch die Streitkräfte wenig genutzt. Außerdem waren die erfassten Geländebereiche nicht genau definiert. Verschiedene Gutachten geben unterschiedliche Zahlen beim Rückbauvolumen und der versiegelten Fläche an. Letztlich hilft nur ein Blick in die „Projektübersicht 10 Jahre Rückbau“ [19].

Folgende Zahlen gelten bis 2012 als verbindlich:

- 716.000 m³ „umbauter Raum“ und 260.000 m² „entsiegelte Fläche“

- Bisherige Kosten (Stand 06/2012) für den Rückbau: ca. 5,7 Mio.

Ein Beispiel: die Rückbaumaßnahme/BF I („MS 12B“/Nordöstlicher Bereich der Garnison). Entsiegelung: 01/2004 bis 07/2004, Fläche: 49.300 m², umbauter Raum: 130.000 m³ (Rückbauvolumen: 105.000 m³), Kosten: 1.311.542,95 €, Baumischabfall: 226 t, Kohleteer: 38 t, Dämmmaterial: 11 t, Ziegelschutt: 12.315 t, Erdtanks: Fünf, sowie zahlreiche Munitionsfunde (u. a. 40 Panzerminen) [21].

Auch die Anzahl der Gebäude wurden sehr unterschiedlich angegeben. Diese schwanken zwischen 350 und 550.

Bilder aus verschiedenen Epochen des Rückbaus auf dem Gelände in den verschiedenen Städtchen. Die bekannten Pläne unterstützen die Orientierung auf dem Gelände.

Karte # 1 zeigt den Stand der Rückbaumaßnahmen im Militärstädtchen N° 13

Karte # 2 und # 3 zeigt das Militärstädtchen N° 12.

(Quellen: [16] M. Hennen, Bruckbauer & Hennen GmbH / ARGE KONVER; [17] BLHA Rep. 1700 Nr. 53; [18] Stadtarchiv der Stadt Zehdenick; [19] Abschlussbericht 2014 Konversionsfläche Garnison Vogelsang, Stadt Zehdenick; [20] Hr. Franke, Bauleiter Fa. delpiCon GmbH; [21] Rückbauprotokoll Baufeld I - Fa. delpiCon GmbH, [Bilder: D. Schulz, Guido, Philipp Hultsch]); [22] BLHA 1700 MW 59



Alle Bauten am Tanklager I (Militärstädtchen Nr. 1) entlang der L215 Richtung Kurtschlag waren 2012 komplett rückgebaut. Gleiches gilt auch für den Gleisstrang vom Bahnhof Vogelsang kommend Richtung FP Gross-Dölln mit dem 2. Abzweig am Tanklager II, zumindest was den Rohstoff STAHL betrifft. Alles nicht verwehrtbare (Schotter, Holz- und Betonschwellen) lag 2012 in der Umgebung im Wald verstreut. Bisher ist auch in öffentlichen Stellen unklar warum der Gleistrang 2012 demontiert wurde.