In den Archiven beider Militärblöcke werden heute umfangreiche Bestände mit zahlreichen Dokumenten, Weisungen, Karten und Auskunftsberichten verwahrt, die sowohl Ergebnisse der Spionage/Aufklärung aufzeigen als auch deren Abwehr dokumentieren. Die Sichtung verschlingt viel Zeit und Geld, ist aber für den nötige Gesamtüberblick elementar. Erst wenn beide Seiten gewertet, gestattet sich ein Urteil.
Meine Recherchen zu diesem Thema der Abwehrarbeit der Dienste in Ost und West begannen 2013 und führten mich ins 'Bundesarchiv Koblenz', 'Bundesarchiv Lichterfelde' in den 'Lesesaal BStU', 'Brandenburgisches Landeshauptarchiv', 'Staatsbibliothek zu Berlin' und im Internet zum 'Central Intelligence Agency's Freedom of Information Act Electronic Reading Room' und zum 'National Archives'.


Der Standort Vogelsang wird in den Beständen der CIA (FOIA) selten namentlich NUR als "Vogelsang" erwähnt. Die Wahl der Bestandsbezeichnungen ist auf den jeweiligen Bearbeiter/Auswerter zurückzuführen. Maßgebend war hier entweder der Startpunkt der Aufklärer oder die in den jeweiligen Unterlagen geführte Objektbezeichnung. Dies wurde dann 1:1 übernommen. So kam es das unterschiedliche Objektbezeichnungen ein und das gleiche Objekt (Vogelsang) beinhalten/bezeichnen. Als Aliasnamen dienten zb. "Area of Templin", "Vogelsang Railroad Station", "Camp Vogelsang", "Vogelsang area", "Templin training area", "Templin maneuver area", "Hammelspring", "Neuhof", "Burgwall" oder "Camp Kannenburg". In meinen Recherchen ist der Standort Vogelsang erstmalig im Oktober 1949 aktenkundig. Das klingt belastbar, zumal bereits im März 1949 mit der Abholzung für den Schießplatz begonnen wurde und die ersten Truppenteile südlich der Havel behelfsmäßige Quartiere (Barackenlager) errichteten und bezogen.

 


Auch die gegnerischen Dienste (hier CIA) waren rund um den Garnisonsstandort Vogelsang natürlich nicht untätig. Aus ihren Sichtungen und Auswertungen sind viele Karten entstanden, die einen sehr frühen Nutzungsstand der Garnison zeigen könnten. Sollten die Angaben der Jagen stimmen, müssten beide Karten von vor 1952 stammen, weil die ersten Gebäude noch nicht eingezeichnet sind und stattdessen das Sommerlager unterhalb der Havel in seiner ganzen Ausdehnung vermerkt ist. Die ersten Gebäude der Garnison wurden etwa in den Jagen "239-241" und "255" errichtet. Die Karten #1 und #2 sind Teil verschiedener Dokumente über den Standort Vogelsang und in der Online Library der CIA recherchierbar. Sie unterliegen dem FOIA (Freedom of Information Act) und sind daher für jedermann zugänglich und nutzbar. Die Übersichtskarte (Nov 1949) über das gesamte Gebiet der DDR zeigt den hohen Informationsstand der gegnerischen Kräfte. 

 


Aufgaben bzw. Abwehrmaßnahmen der DE des MfS

Ein Abkommen aus dem Jahre 1973 regelte das Zusammenwirken der operativen Kräfte von MfS und KfS in Bezug auf die Absicherung von militärischen Objekten und/oder während Militärtransporten bei Rückführungen, Übungen oder Verlegungen von Militärtechnik. Die Regierung der DDR, die Bezirksverwaltungen des MfS, die Diensteinheiten des MfS und die Kreisdienststellen waren hierbei über alle Schritte, wie zb Streckenführung genaustens im Vorfeld informiert und in die Planungen einbezogen. Die Abwehrarbeit hier vollumfänglich darzustellen, würde zulasten der Übersichtlichkeit und dem Verständnis gehen. Daher begrenze ich die Informationen auf das Wesentliche. [1]



Zur Kenntnisnahme über den Stand der aktuellen ständigen Sperrgebiete in der DDR gab das Oberkommando der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland diese Karten an die Alliierten Militärverbindungsmissionen (MVM) heraus. Damit war den westlichen MVM die Lage der jeweilig gültigen Sperrgebiete kenntlich. Diese Karten war gültig ab 15. Mai 1984, "Genehmigt und unterzeichnet" durch: Oberbefehlshaber der GSSD Armeegeneral M. Saizew (14. Mai 1984).

Der Hauptabteilung II (HA II/Spionageabwehr) standen vielseitige und umfängliche Maßnahmen im Rahmen der Abwehrarbeit zur politisch-operativen Sicherung des Militärverkehrs (im Zusammenwirken mit HA XIX) und zur Umgebungssicherung militärischer Objekte zur Verfügung. Eine Form der Abwehrarbeit gegen das Eindringen der MVM-Angehörigen in ständige und/oder zeitweise Sperrgebiete lag in der Absicherung von Bahnhöfen, auf denen Verladetätigkeiten der sowjetischen Streitkräften erfolgte und/oder zur Streckenabsicherung im Zusammenwirken mit der HA XIX und der STBA, bei "Sondertransporten mit erhöhten Sicherheitserfordernissen", zb bei mehrmals jährlich stattfindene Transporte von Kernmaterial der GSSD. Exemplarisch seien hier nur zwei Maßnahmen am Bahnhof Vogelsang genannt, am 17.03.1989 und am 18. Mai 1989. Die Bahnstrecken Frankfurt/O.-Grunow und Frankfurt/O.-Seelow wurden ebenfalls in die Abwehrmaßnahmen der HA III einbezogen. [2]


Zur Absicherung von Verladetätigkeiten der GSSD an den Anschlussgleisen der Objekte gegen die Spionagetätigkeiten der gegenerischen Dienste, wie zb der MVM, nutzten die Mitarbeiter der Beobachtungsgruppen der HA II/4 eigens eingerichtete und material-technisch (Video und/oder Fototechnik) versorgte Beobachtungspunkte (B-Punkte) an oder in unmittelbarer Umgebung von Bahnhöfen und/oder auch an Durchgangsstraßen an besonders schützenswertes Objekt der GSSD.

Ob diese B-Punkte nur temporären Charakter hatten und ihre Notwendigkeit aus den daraus resultierenden geänderten Regimeverhältnisse erfolgte oder ob es alle Aktivitäten der sowjetischen Streitkräfte auf den Bahnhöfen betraf, ist mir abschließend nicht bekannt. So befand sich der B-Punkt der HA II des MfS am Bahnhof Vogelsang im Obergeschoss des nebenstehenden Hauses in der Zehdenicker Str. 16. Weitere Möglichkeiten der Beobachtung und der Spionageabwehr an sensiblen Objekten war die Varianten mit zwei B-Punkten zum Objekt, wie zb am Flugplatz Groß-Dölln (Punkt A am Ortsausgang Kurtschlag, Punkt B im Bauwagen an der Kreuzung L100/L215), am Objekt-Lychen II (B-Punkte in Himmelsfort) oder mit gezielten ortsgebundenen B-Punkten, wie zb auch am Bahnhof Dannenwalde. [3]

  


Zu den Aufgaben der HA III und HA II/4 gehörten Maßnahmen der funkelektronischen Abwehr und der Spionageabwehr (im Zusammenhang mit B-Punkten der B-Gruppen). Hierbei lag der Schwerpunkt der Abwehrarbeit seit etwa Mitte der 1970er-Jahre u.a. darin, die gegnerischen Dienste an der Informationsgewinnung bzw. Installation mittels ferngesteuerter oder autonom arbeitender Sonden (zb. "Kegel", "Würfel", "Zweig/Ast", "Röhre") oder dem Fernwirk-Bodensensoren-System ("Eifriger Wächter") zu hindern oder aber zumindest durch Aufspüren der Sonden (AEA) die Informationsübermittlung der gewonnenen Daten zu verhindern.

Gefährdet waren hier insbesondere Munitionslager operativer und strategischer Bestimmung, Lagerbasen mit Produkten besonderer Bestimmung, Munitionsdepots an Flugplätzen, Tanklager an Flugplätzen und/oder Transportwege wie Marschstraßen und Strecken des MTW (Militäreisenbahnlinien, zb. FFO-Grunow-Seelow) für Truppenbewegungen im Spannungsfall.

Auch die Garnison Vogelsang war ab 1987 und im Zuge der Rückführung der Technik im Zusammenhang mit dem Abzug der 25.PD im Sommer 1989 in Abstimmung mit der Verwaltung der Sonderabteilungen des KfS (Abt. R) und den HA II/4 und HA III/14 des MfS in die 'Durchführung spezifischer Fahndungs- und politisch-operativer Bearbeitungsmaßnahmen zur Suche nach automatisch-elektronischen Aufklärungssystemen der GSSD' einbezogen. Die sowjetische Seite nahm als Bedrohungslage für die ausgewählten Objekte die Kriterien: 

- Bedeutung ihrer Objekte hinsichtlich der Feststellung von Frühwarnzeichen
- die Lagerung strategischer Fachmunition (Mittel/Produkte besonderer Bestimmung)
- oft frequentierte Objekte durch die MVM [4]


Im Archiv der Heimatgalerie sind gesicherte Maßnahmen gegnerischer Dienste abgelegt:

- an der Bahnstrecke zwischen dem Militärflugplatz der GSSD bei Finowfurt und dem zugehörigen Munitionslager (ML) Biesenthal ("Kegel")

- am ML-14 (bei Krügersdorf), "Zentrales Munitionslager der Luftstreitkräfte der NVA". Hieraus wäre die Sicherstellung aller TT/E Kommando LSK/LV, Bewaffnung und Munition erfolgt ("Hamster 2")

- am Komplexlager (KL) 23 (bei Hirschfeld/Irfersgrün), "Mobilmachungslager einer Mot.-Schützen-Division"("Hamster 1")

- am Bombenabwurfplatz der Luftstreitkräfte der GSSD (bei Torgau/Puschwitz)("Zweig/Ast/Wetka")

Im November 1989 präsentierte die HA III auf einer öffentlichen Pressekonferenz in IPZ Berlin (Mohrenstraße) die Ergebnisse ihrer erfolgreichen Arbeit zur Kontrolle und Hebung der Sonde des Geheimdienstes der U.S. LaSK (INSCOM) aus der unmittelbaren Nähe des Objektes ML-14 bei Krügersdorf.[5]

 

(Quelle: https://www.cia.gov/library/; [1] BArch, MfS,  ; [3] BArch, MfS, HA II, Nr. 30190, Bl. 44; BVfS Potsdam, Abt II 652, Bd. 20; BV Neubrandenburg, Abteilung II, Nr. 551; [4] BArch, MfS, HA II, Nr. 23402; [5] BArch, MfS, HA II, Nr. 22932; BArch, MfS, HA VIII, Nr. 1896, Bd. 1; BArch, MfS, HA II, 22580; BArch, MfS, HA II, Nr. 41098; BArch, MfS, HA II, Nr. 24399, Teil 2 von 2; FOIA, Washington D.C.; CIA-RDP82-00457R003700560010-3; CIA-RDP82-00457R005600230003-6; CIA-RDP82-00457R007200300004-2; CIA-RDP82-00457R006900150014-9; CIA-RDP82-00457R004100260009-3; https://www.archives.gov/)